Rohrtransport mit Gefahr

Auf dem Weg zur Arbeitsstelle meiner Frau stellte ein Berufskraftfahrer diese Ladung an den Wegesrand. Eigentlich wollte ich mein Mädchen nur zum Essen abholen, aber der Weg dorthin verzögerte sich dann doch um weitere 10 Minuten aufgrund eines Zwischenhaltes an diesem sehr interessanten Objekt.

Von weitem und auf den ersten Blick schaut die Beladung recht stabil aus. Es wurden mehrere Gurte verwendet. Auch nach der Seite hin sind die Rohre gegen wegrollen gesichert.

 

Aber als ich näher kam, schaltete der Scanner die rote Warnleuchte auf  Dauerfunktion!?!

Das untere lange Rohr ist eigentlich nur mit einem Zurrgurt direkt gesichert, weil die beiden anderen Gurte jeweils ein kurzes Rohr von oben aufs untere pressen und es dadurch nach außen wegdrücken.

Von der Seite sieht man es noch besser. Das untere Rohr ist zusätzlich nach der Seite durch den Holzkeil und die davor liegenden orangenen Kantenschoner gegen wegrollen gesichert. Schaut alles durchdacht und von Sicherheit geprägt aus. Aber der linke Gurt wird über die Kantenschoner gezogen und knickt dann erst ab in Richtung des Rohres. Das bedeutet, wenn die locker aufgestapelten Schoner durch Erschütterungen zusammen rücken, ist der Gurt lose. Der mittlere Gurt ist an der obersten Schonerkante ähnlich verlegt und soll das obere Rohr halten. Dem rechten blauen Gurt geht es nicht anders.

Dieser 100er Nagel hält dieses Rohr zusammen mit seinem genauso verbauten Kumpel am anderen Ende. An der Länge, die vom Nagel noch oben herausschaut, können Sie erahnen, wieviel im unteren Querbalken steckt. Verschlimmernd und die Haltekraft mindernd kommt noch dazu, dass der Nagel schräg in Auszugsrichtung eingeschlagen wurde.

Und das ist das Gegenstück auf der anderen Seite. In Grün habe ich die Kräfte eingezeichnet, wie sie, sich über die Schoner abstützend, auf die Ladefläche übertragen werden. In Rot skizziert, so wären sie für die Ladungssicherung korrekt. Die Umleitung über die nicht wirklich fixierten Schoner sorgt dafür, dass sie sich mit der Zeit und Wegstrecke unweigerlich lösen werden. Also eine tickende Rohrbombe.

Verschärft wird der Eindruck der Einfältigkeit des Verladers und  der Leichtgläubigkeit des Fahrers durch die weiteren Gurtführungen. Man hat zwar die quer zur Fahrtrichtung liegenden Rohre so gegen Wegrollen geschützt, indem man sie formschlüssig gegen die anderen Rohre gelegt hat, also Beton an Beton. Der Endkunde und Verleger der Rohre wird sich über die angebrachten Sollbruchstellen freuen. Damit der Gurt auch nicht verrutschen kann, hat man vorsichtshalber eine Antirutschmatte untergelegt, die gleichzeitig den Kanten- und Gurtschutz übernimmt. Eine Todsünde in der Ladungssicherung, wie ich auf einem Lehrgang gelernt hatte. Wenn Sie genau hinsehen, erkennen Sie, dass die Haken der beiden mittleren Gurte aus Mangel an Zurrösen um die scharfe der Pritsche geführt sind und vorschriftswidrig am Rahmen eingehängt wurden.

Der linke Gurt wird dann am unteren Holzlager rechts und am oberen links vorbeigeführt. Alles so nicht im Sinne des Gesetzgebers, weil lösungsverdächtig.

Nun zum tollsten Stück der Ansammlung von ablehnungswerten Verknüpfungen Gurt - Ladefläche. Erkennen Sie schon, was ich meine?

Nein, es ist nicht die Antirutschmatte oben, es ist die Anbindung an die Ladefläche unten. Da scheinbar keine freie Öse mehr vorhanden war, musste einfach der Kumpel Haken herhalten und man hat sich einfach untergehakt, um die Kraft gemeinsam auf zu nehmen. Dass dadurch beide Haken aufgrund der schräg eingeleiteten Zurrkräfte aufgebogen werden, ist vermutlich den Beteiligten egal oder nicht aufgefallen oder sie freuten sich, dass ihnen das eingefallen war.

Können Sie noch eine Kritik ab, dann bin ich auch schon fertig? Der rechte Gurt sieht nicht nur so aus, als sei er schräg verlegt, er ist es auch. Er verläuft nach der Antirutschmatte geschützten Kante nach rechts um sich dann, wie schon auf dieser Seite zusammen mit seinem Hakenkumpel, eine Öse zu teilen. Bei Erschütterungen wandert der Gurt nach vorne bis er von der Kante rutscht. Vermutlich wurde diese Anbindung wiederum aus Symmetriegründen gewählt. Das ist natürlich eine gute Ausrede dem BAG (Bundesamt für Güterverkehr) gegenüber, dass es nicht falsch sein könne, denn es sei ja auf der anderen Seite genauso.

 

Nun liegt es an Ihnen, lieber Leser, wie lange Sie sich trauen, hinter diesem Anhänger her zu fahren. Ich schlage aber vor, wenn Sie das Versagen der Sicherung sehen möchten, wählen Sie genügend Abstand.

 

Liebe Berufskraftfahrer und Berufskraftfahrerinnen, werte Anhänger und Anhängerinnen der Ladungssicherung, setzen Sie doch bitte die Lehrgangsinformationen so um, damit die Ladung sicher transportiert wird.