Mängel, die nicht sein dürften

Reiner hat mich wieder mal an einem abgestellten Anhänger anhalten lassen, und zwar reiner Zufall. Und was ich gesehen habe, hat mein Auge nicht erfreut, zumal es das Nachziehgerät einer Fahrschule war. Der Zustand hat mich sehr irritiert, weil die Fahrschule ja das ausbilden soll, was vom Gesetz erwartet wird. Als Multiplikator, also als Ausbildungsstelle für alle am Unterricht Teilnehmenden, sollte das Fahrzeug optimal gewartet und gepflegt den Fahrschülern zur Verfügung stehen, damit ihnen an ihren Fahrzeugen, die sie nach der Ausbildung fahren, die Mängel sofort ins Auge stechen. Ansonsten wird das eigene Fahrzeug so akzeptiert, wie es aus der Fahrschule in Erinnerung geblieben ist.

 

Nun folgen Sie mir bitte bei meinem Rundgang um das Fahrzeug.

Wie am Kennzeichen zu erkennen ist, muss das Fahrzeug 1/17 zur Hauptuntersuchung (HU), also in 4 Monaten. Glauben Sie, dass sich an dem Zustand bis dahin etwas ändern wird? Ich behaupte: nein. So blauäugig bin ich nicht. Eigentlich dürfte das Fahrzeug, sei es auch kein Fahrschulanhänger, so nicht dastehen. In jeder Firma gibt es eine, vom Halter beauftragte verantwortliche Person, die den Anhänger jährlich auf Betriebs- und Verkehrssicherheit zu überprüfen hat. Vermutlich hatte diese am Tag der Überprüfung gerade Urlaub oder war krank. Der Fahrlehrer müsste mit seinen Fahrschülern vor jeder Ausbildung eine Überprüfung vor der Benutzung durchführen, um den angehenden Führerscheinbesitzer genau diese Verantwortung zum Führen eines sicheren Fahrzeuges beizubringen. Aber wenn der verantwortliche Ausbilder so geduldig darüber hinwegsieht, warum soll sich dann der Ausgebildete später daran halten, er weiß ja gar nicht, woran.

Schauen wir uns die Reifen einmal genauer an, denn sie zeigen bereits erhebliche Ozonrisse rundherum. Das sind feine Haarrisse an der Oberfläche, die undefiniert tief sind. Normaler Weise soll ein Anhängerreifen spätestens nach 10 Jahren ausgetauscht werden. Das Herstellungsdatum ist hinter DOT (Department of Transportation = Amerikanisches Verkehrsministerium) verschlüsselt angegeben. Dabei bedeuten die ersten beiden Ziffern die Woche und die letzte Zahl die Jahreszahl, in Verbindung mit dem Dreieck die 90er Jahre: 449 also 44. Woche 1999. Somit 17 Jahre alt und etwas mehr als 7 Jahre überfällig. Da es sich aber um eine 100-Zulassung handelt, darf der Reifen maximal 6 Jahre alt sein und deshalb 11 Jahre überfällig. Der Anhänger dürfte so gar nicht mehr genutzt werden.

Nein, das ist kein vorderer weißer Rückstrahler eines Fahrrades. Es soll einer der gelben seitlichen Rückstrahler sein, die in vorgegebenen Abständen an Fahrzeugen angebracht sein müssen, aber eben gelb, nicht hellgelb oder dunkelweiß.

Auch beim zweiten Reflektor der gleichen Seite schreitet der Ausbleichprozess vom Gelb nach Weiß bereits erheblich voran. Vom Bediener völlig unbemerkt, wie vermutet werden kann. Dadurch geht natürlich die Signalwirkung verloren, was dem Halter scheinbar völlig wurscht ist. Glaubt man dem Fahrlehrer, muss es wohl daran liegen, dass der Anhänger immer mit der gleichen Seite der Sonne zugewendet geparkt wird. Ich habe schon bessere Ausreden gehört, ehrlich. Warum werden sie nicht einfach ausgetauscht?

Hier handelt es sich um den Handbremshebel. Sie wundern sich, wie ich mich auch, dass der Griff metallisch blank glänzt. Es ist falsch, anzunehmen, dass die Löcher dazu dienen, um anzuzeigen, dass vorne der Daumen und der Mittelfinger auf der Bohrung zu liegen haben und die Erhebung hinter der Bohrung als Abrutschsicherung gilt.

Vermutlich setzt sich durch den häufigen Gebrauch kein Rost an, obwohl der Handschweiß diesen Prozess beschleunigt. Normaler Weise ist der Hebel, dort wo man ihn anfassen muss, mit einem schwarzen Kunststoffschutz umgeben. Da der Anhänger, vom Reifenalter des Erstausstatters zu schließen, ca. 17 Jahre alt ist, hat sich durch den ständigen Gebrauch und die daraus resultierende Abnutzung der Überzug schleichend verabschiedet. Dadurch entsteht natürlich eine erhebliche Verletzungsgefahr beim Festziehen und Lösen der Bremse durch die freiliegenden scharfen Kanten. Da jeder gute Kraftfahrer aber selbstverständlich mit behandschuhten Händen arbeitet, scheint die Gefahr fürs erste gebannt.

Leider ist eine weitere Gefahr zu erkennen, die auf die Hände abzielt, wenn sie die Kurbel des Stützrades betätigen. Der Kurbelknauf fehlt gänzlich. Hoffentlich hat ihn keiner eingesteckt, um ihn zu Hause zu nutzen. Wenn man darunter sieht, erkennt man sofort, dass das Abreisseil ebenfalls nicht richtig verlegt ist.

Die Kräfte auf das Führungsrohr waren durch das Rangieren auf  losem Untergrund per Hand scheinbar zu hoch. Denn wo packt der Rangierer an, um den Anhänger in die richtige Position zu bringen? Richtig! Wo er am besten zupacken kann, am oberen Teil des Führungsrohres. Das zeigt auch die blanke Stelle oberhalb der Querstrebe. Die Verschraubung am Deichselholm hat dem nicht mehr standgehalten, also musste eine Verstärkung her. Die nachträglichen Schweißungen sind gut zu erkennen, da sich dort Rost gebildet hat. Aber warum nimmt man hier eine Schweißverbindung? Weiß der Hersteller davon? Denn nur mit seiner Erlaubnis darf an den Lenk- und Bremsteilen eine Änderung vorgenommen werden, ansonsten verliert das Fahrzeug seine Betriebserlaubnis. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Hersteller damit einverstanden ist. Es ist natürlich die einfachste Art, eine Versteifung anzubringen. Obwohl die Schweißnähte von ihrer Qualität eher als Übungsnähte zu bezeichnen wären.

Geht man davon aus, dass die Reifen aufgrund ihres Alters als Erstausstattung anzusehen sind, muss bei dem Erscheinungsbild der Stoßdämpfer an dasselbe Jahr der Inbetriebnahme gedacht werden. Die tiefen Rostnarben an der Oberfläche lassen darauf schließen, dass die Wirksamkeit der Dämpfer eher gegen Null tendiert. Somit wäre dann die 100er Zulassung nochmals gefährdet, da die Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind: Reifenalter maximal 6 Jahre und intakte Stoßdämpfer.

Man könnte natürlich behaupten, der Dämpfer sei noch in Ordnung, da außen noch keine Ölspuren zu sehen sind. Aber ist denn noch Öl drinnen, um eine Dämpfung zu erzeugen? Die Ausrede, die ich dabei oftmals vom Halter höre, dass das Fahrzeug ja im Jahr nur ein paarmal gebraucht würde und deshalb wenig Kilometer fahre und sich darum auch eine Reparatur kaum lohne, wird von mir noch nicht einmal ignoriert.

Das Schiebestück, die bewegliche Mimik für die Auflaufbremse, wird durch eine Gummimanschette geschützt, so die Meinung des Anhängerherstellers. Wie hier zu sehen, wird diese Vorgabe nicht ganz eingehalten. In Fahrtrichtung ist die Manschette vom Führungsrohr abgerutscht und Schmutz und Wasser können eindringen und sich mit dem Fett verbinden. Der Verschleiß oder der Ausfall der Bremse ist somit vorprogrammiert. Warum sieht das keiner?

Zusammenfassend darf ich schreiben: Würde mir das Fahrzeug bei der nächsten HU 1/17 so vorgestellt, würde ich es ohne Plakette direkt in die Werkstatt schicken.