Manchmal bin ich fast der Meinung, dass mir andere Verkehrsteilnehmer vorsätzlich Fahrzeuge an meinen Weg stellen, nur dass ich etwas zu schreiben habe. Oder würden Sie an dem abgebildeten, mit Bauholz beladenen Anhänger, ohne sich Gedanken zu machen, vorbeifahren? Vermutlich werden Ihnen, wie auch mir, folgende Fragen durch den Kopf schießen:
Lag das Holz von Anfang an so auf dem Anhänger? Oder war der Verlader besoffen? Hat der Fahrer während der Fahrt nicht gemerkt, dass das Holz wandert? Wer hat die Distanzhölzer zwischen die einzelnen Lagen gelegt? Warum ist der hintere Gurt verdreht?
Ich bin also nicht vorbeigefahren und habe mir die Fragen der Reihe nach beantwortet. Kurz überschlagen kann man davon ausgehen, dass ein Balken etwa 170 kg auf die Waage bringt. Bei den 21 Stück kommt man da auf ca. 3,6 t Ladung und für die Anhängergröße noch 500 kg dazu, so landet man bei knapp geschätzten 4,1 t. Soweit mir bekannt ist, darf aber das Zugfahrzeug in der davor stehenden Größe nicht mehr als 2,5 t ohne weitere Aufrüstungen ziehen. Verschärfend für den Fahrer kommt hinzu, dass bei einem Anhänger über 3,5 t und einem Zugfahrzeug der Klasse B die Fahrerlaubnis der Klasse C1E vorgeschrieben ist. Ich gehe einmal davon aus, dass der Fahrer maximal die Klasse BE besitzt. Das bedeutet, dass die zuständigen Personen, die zum Anhalten berechtigt sind, nicht sehr gegeistert sein werden. Sie müssen nun den Straftatbestand "Fahren ohne gültige Fahrerlaubnis" und die Ordnungswidrigkeiten der erheblichen Überladung und das Überschreiten der zul. Gesamtmasse bearbeiten. Das käme teuer zu stehen. Wenn der Richter gnädig ist, kämen etwa 1800 Euro in die Staatskasse, wobei vermutlich bei Nachfragen die Strafverschärfung der Wiederholung der Überladung zu Tage käme (Ham wir immer so gemacht)
Aber wenden wir uns nochmal der Ladung zu. Beide Gurte dürften mit 1000 kg im Direktzug beaufschlagt werden. Für die Ladung gehobeltes Holz auf gehobeltem Holz wäre ein Reibungsfaktor von 0,4 anzusetzen. Das bedeutet, dass 2,5 t durch Niederzurren aufgebracht werden müssen, um die Ladung gegen eine Bremsung von 0,8 g abzusichern. Bei einer zulässigen Spannkraft der Gurte von 400 kg heißt das, es sollten mindestens 6 Gurte angebrachte werden. Werden Antirutschmatten verwendet, könnte auf 3 Gurte verzichtet werden. Dass zu wenig angebracht wurden, kann selbst der ungeübte Betrachter erkennen, da die Hölzer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei der Abfahrt am Sägewerk direkt übereinander gestapelt wurden, schon aus Gründen der Ästhetik.
Als Abstandshalter wurden Latten sowohl mit quadratischem als auch mit rechteckigem Querschnitt (3) verwendet. Das kann man kaum nachvollziehen, wer auf solche abwegigen Gedanken kommen kann. Der Erfolg ist eindeutig zu erkennen, denn die quadratischen Latten liegen alle lose zwischen den Lagen. Warum sie überhaupt noch dort liegen, ist sowieso ein Rätsel, wenn man bedenkt, wie sich der gesamte Stapel verschoben hat. Außerdem liegen sie nicht übereinander unter den Gurten (1) und (2), um die bestmöglichen Kräfte weiterzugeben. Sie sind ohne System zwischen die Lagen gelegt worden und deshalb konnten sie auch unmotiviert wandern, da sich die Balken während der Fahrt unterschiedlich biegen konnten und so den Latten einen Freiraum einräumten.
Das Ganze nochmal von der anderen Seite:
1 lose Latten mit unterschiedlichem Querschnitt
2 Balken mit unterschiedlicher Höhe
3 verrutschte Balken
4 vermutlich bereits durch verrutschte Ladung verbogene Kurbel des Stützrades.
Es fehlt auch der Anschlag nach vorne, gegen den die Balken prallen könnten.
Um es kurz zu machen: Hier waren ein unbedarfter Fahrer und ein ebenso verantwortungsfreier Verlader am Werk. Wieder einmal gedenk der Tatsache, schwere Ladung kann nicht verrutschen, wurde hier eine tickende Zeitbombe auf die Straße los gelassen. Eine Vollbremsung oder plötzliche Ausweichmanöver hätte diese Ladungssicherung garantiert nicht überstanden. Der oben aufliegende hintere Bordwandverchluss verstärkt den Eindruck der Unbedarftheit. Es fehlt die Verblockung der einzelnen Lagen gegeneinander.
Ich frage mich, warum wird nicht die erste und zweite Lage der Balken zusammen auf der Pritsche verstaut (Versuch der Darstellung)? Platz wäre genug gewesen. Die dritte Lage oben drauf und links und rechts gegen Verrutschen gesichert. Als Latten wären Hölzer zuverwenden gewesen, die mit einer Antirutschschicht versehen sind und über die gesamte Breite reichten. Ein Netz über die vorderen Enden geworfen und an den Zurrpunkten verankert, mit vier Gurten niedergehalten und gut wäre es gewesen. Man kann wiederum von Glück reden, dass die Fahrt des unbedarften Fahrers an dieser Stelle zu Ende war, denn recht viel weiter hätte es die Ladung nicht mehr geschafft, auf dem Anhänger liegen zu bleiben. Der rechte Balken der zweiten Reihe war soweit nach rechts ausgewandert und mit der hinteren Querlatte bereits bündig.
Leider hat das die BAG nicht gesehen. Vermutlich weil es an einem Samstag war! Glück für Fahrer und alle anderen Verkehrsteilnehmer. Alle sind straf- und verletzungsfrei geblieben.