Auf einer meiner Inspektionsfahrten durch das benachbarte Industriegebiet meldete mein On-Tour-Scanner: Verladene Betonteile auf 12 Uhr, schaut von der Verpackung relativ gut aus, genug Ketten und Gurte, aber Gurte in den Zurrösen in verschiedenen Höhen. Vorsicht! Genauer gucken!!
Also hörte ich auf diese innere Stimme, die mich bisher kaum unnötig anhalten ließ. Auf die Bediener am Straßenrand abgestellter Fahrzeuge ist eben Verlass, leider.
Was ich dann gesehen habe, hat mich etwas blass werden lassen. Auf den ersten Blick schaut die Anbindung des Hauptstückes so aus, als wäre es ordentlich festgezurrt. Betrachtet man sich aber die beiden Haken der Ketten, die im eingegossenen Ring etwa auf halber Höhe mittig in der Wand eingehängt sind, erkennt man, dass die Kraftaufnahme vom Hakengrund (rot) nicht geradlinig in die Kette (gelb) verläuft. Das heißt, der Ring ist zu klein für die beiden dicken Haken. Sie liegen mit der Stirn aneinander und versuchen, den Ring mit der Spannkraft der beiden Ketten zu spreizen. Der Ring kann das evtl. aushalten, da er dick genug ausgelegt erscheint. Das kann bis zur Lieferung des Betonteiles gut gehen, muss aber nicht. Warum nimmt man nicht einfach zwei Schäkel, so hat jeder Haken die Möglichkeit, ungehindert die Kraft in seine Richtung aufzubauen und sie müssen sich nicht gegenseitig bekriegen.
Die Sicherung der gestapelten Betonplatten schaut sehr kräftig aus, aber nur von den dicken Ketten aus gesehen. Eigentlich werden die Platten von den Ketten nicht auf den Pritschenboden gezogen, sondern die beiden übereinander liegenden Einzelteile werden zusammengepresst. Denn die Haken übertragen kaum Zugkräfte auf den Rahmen, da das erste Kettenglied den Haken nicht in Richtung der Kette zieht, sondern ihn nur nach oben gegen den Beton drückt. Zusätzlich stützt sich das zweite Glied mit seiner Rundung oben am Haken ab und wird somit auf Biegung beansprucht. Die Zurröse weist sogar nach unten und zeigt somit an, dass keine Kraft vorhanden ist, die das Bauteil gegen den Anhängerboden drückt. Ein seitliches Verrücken wird durch diese Anbindung zwar erschwert, aber bei einer Gefahrbremsung wird keine zusätzliche Hemmkraft in Fahrtrichtung aufgebracht.
Sämtliche Haken der Zurrgurte sind entgegen den Bestimmungen für deren Einhängen am Zurrpunkt angebracht. Eigentlich muss ein Haken im Hakengrund mit dem Gegenstück verbunden sein, da er sonst aufgebogen wird. Die in der Lochreihe angebrachten Haken werden über die Kante gezogen und somit auf Biegung beansprucht, da die Kraft nicht geradlinig in den Haken geht.
Noch schlimmer ist der Kraftverlauf der Haken, die in die Blende (1) über dem Reflektorstreifen eingehängt sind. Hier soll ein drei Millimeterblech die Zurrkraft aufnehmen. Dass das nicht im Sinne des Erfinders ist, zeigt die bereits eingetretene Verformung (2) am Ende der Blende. Der ehemals 90 Grad Winkel wurde nach oben aufgebogen. Die Blende soll eigentlich nur als Schutz vor den Haken dienen, die in die über ihr befindlichen Löcher eingehängt werden.
Laut Berufskraftfahrerlehrgang ist in einem solchen Fall ein Zurrbock zu verwenden, der in die Lochreihe eingehängt wird und die Zurrpunkte so nach oben auf die Ladefläche verlegt, dass die Gurte vorschriftsmäßig befestigt werden können. Oder eine einfache Verlängerung, wie links geziegt. In vorliegendem Fall ist die gesamte Verzurrung und Sicherung der Ladung als höchst bedenklich einzustufen. Der Halter des Fahrzeuges wäre zu befragen, worauf die Fachkunde seines Fahrers beruht.