Jimmy besuchte seinen langjährigen Freund Robert, der auf einer Ranch seine alten Tage verbrachte. Nach einem arbeitsreichen Leben hatte er sich hier in der Nähe von Texas niedergelassen. Trotz des wieder beginnenden Frühlings war er immer noch Single und es hatte sich auch nichts Annäherungswertes ergeben.

Jimmy hielt also auf dem Hof seinen Jeep an. Die durch den Fahrtwind erzeugte Staubwolke überholte ihn. Er drehte den Zündschlüssel, öffnete die Tür und rutschte vom Fahrersitz in die Sandwand hinaus. Orientierend sah er sich auf dem Hof um, konnte aber Robert nirgendwo sehen. Also schlug er den Weg zum Haupthaus ein. Er hatte die Veranda noch nicht erreicht, als er einen Hilferuf von drinnen hörte.

„Hallo, ist da wer, der mir helfen kann.“, dann noch etwas lauter. „Hallo, hier hinten, in der Küche. Hallo!!“

Das war doch Roberts Organ, unverkennbar. Jimmy beschleunigte seine Schritte, so schnell, wie es eben sein Alter zuließ. Er bog gerade um den Tresen, der mitten im großen Wohn-Esszimmer aufgebaut war und etlichen Gästen Raum bot, Whiskey aus den dahinter aufgebauten Flaschen zu schlürfen. Da lag er, völlig verkrümmt zwischen Tresen und Barhocker eingeklemmt auf der Seite und stöhnte vor sich hin.

„Mensch, Robert, was machst du denn da?“ Jimmy beugte sich zu ihm hinab. „Was ist denn passiert?“

Ächzend kam abgehackt zurück: „Hallo, . . . . Jimmy, egal, . . . was dich her . . . getrieben hat, ich bin . . . froh darüber.“ Er rang kurz nach Luft. „Ich war draußen . . . und hab den Zaun . . . gerichtet. Vermutlich . . . war ich zu . . . lange in der . . .  Sonne.“

Prüfend hob Jimmy die Nase: „Sag mal, Rob, hast du vielleicht danach gleich von dem Roten hier genascht?“ Er griff seinen alten Kumpan unter den Arm und zerrte ihn vorsichtig hoch. „Sag mal, hast du das alte Holzteil umgeschmissen?“

„Jou! Ich bin mit meinen Gürtel daran . . . hängengeblieben.“ Die Worte kamen sehr gequält über seine Lippen. Als er endlich stand, ging es mit dem Atmen schon viel leichter. Nur mit dem gerade Stehen hatte er noch so seine Probleme, was nicht unbedingt nur an der Verletzung liegen konnte. Man könnte es mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit auch auf die beiden Rotweinflaschen auf dem Tresen schieben, von denen eine bereits geleert und die andere quer lag und damit noch halbvoll war.

„Komm, Robby!“ sagte Jimmy, „Ich bring dich zum Doc.“ Er hakte ihn unter und brachte ihn zu seinem Jeep.

„Muss das denn sein?“ Robert war gar nicht so einverstanden. „So schlimm war das doch nicht.“

„Nix da,“ widersprach Jimmy, „du hast vielleicht eine gebrochene Rippe und eine Gehirnerschütterung, obwohl da eigentlich nicht mehr viel zu erschüttern ist.“

„Haha, immer ein Späßchen auf den Lippen!“ Die Erkenntnis kam schleppend rüber. Sie hatten den zivilen Ersatz-SanKa erreicht und Jimmy verstaute seinen besäuselten Freund auf dem Beifahrersitz. Er informierte noch kurz den Doc.

Nach einer halben Stunde vorsichtiger Fahrt hatten sie die Praxis erreicht. Robert stützte sich auf seinen Freund und sie blieben an der Anmeldung stehen.

„Hallo, Rob, lange nicht gesehen.“ Mary blickte ihn mitleidig an. „Der Doc wartet auf euch. Geht schon mal durch!“

Im Sprechzimmer kam ihnen der Doktor entgegen, unterstützte Robert auf der anderen Seite und brachte ihn zur Untersuchungsliege. „Hallo JIm! Hallo Rob, setz dich langsam hin. Ich will dich kurz abhören.“

Robert setzte sich leicht unsicher hin und zog sein Hemd hoch, damit der Doktor anfangen konnte. Dieser sog die Luft laut hörbar ein. „Sag mal, Rob, wäscht du dich eigentlich noch?“

„Wieso?“, entgegnete Robert, „Das ist doch egal. Es handelt sich doch vermutlich um innere Verletzungen, oder?“

„Mag sein, aber du riechst recht streng.“, meinte der Arzt.

„Aber, Doc, ich bade jede Woche,“ Antwortete Robert etwas beleidigt. „ob ich es brauche oder nicht.“

Der Doktor sah ihn skeptisch an. „Dann solltest du vielleicht mal das Badewasser wechseln.“

Jimmy konnte gerade noch ein lautes Lachen vermeiden, auch wenn es ihm schwerfiel.

Mit dem Lauschgerät am Patienten verkündete der Untersuchende: „Es hört sich nicht so gut an. Um sicher zu gehen, werde ich dich vorsichtshalber zum MRT schicken."

Er drehte sich in Richtung Tür: „Mary, kommst du mal!“ Kurz darauf erschien seine Hilfskraft. „Ja, Doc, was kann ich tun?“

„Bringe diesen jungen Mann rüber zum MRT. Ich ruf dort kurz an!“

„Alles klar!“ Mary wandte sich an Robert. „Komm Rob, wir bringen dich eine Station weiter! Jim, hilfst du mir?“

Jimmy nickte und sprang Mary sofort zu Hilfe. Gemeinsam bugsierten sie Robert aus dem Untersuchungszimmer in Richtung MRT.

Dort angekommen legten sie den Patienten vorsichtig auf den Schlitten. Der dortige Verantwortliche kam mit wehendem weißen Kittel herein. „Hallo, Rob! Na, irgendwo gegengeknallt?“ Er tastete die Rippen ab. Robert stöhnte bei jeder Berührung leise auf. „Ich glaube, wir müssen dir ein Kontrastmittel spritzen, damit wir auf dem Schirm was sehen können.“

Etwas irritiert blickte Robert dem Doktor in die Augen. Da er vor Spritzen Respekt hatte, kam ihm die Erleuchtung. „Das kannst du dir sparen, Doc! Ich hab schon mal vorgebeugt. Eigentlich müsste der Rotwein als Kontrast ausreichen.“

Grinsend bekam er zur Antwort: „Intravenös brauche ich den Kontrast, Rob, in deiner Blase nützt er mir nix.“

Nach der Untersuchung stand fest, dass außer heftigen Prellungen, einer leicht angeknacksten Rippe nichts Schwerwiegendes zu beklagen war.

Jimmy brachte Robert wieder nach Hause. Am heimatlichen Tresen angekommen, lud ihn Robert auf den Schrecken erstmal zu einem Drink ein. Von den Hinweisen des Doktors beeindruckt, schenkte er sich und Jimmy ein Glas Wasser ein. Nach dem zweiten Schluck merkten beide, dass des Doktors Meinung zwar für die Gesundung hilfreich sein könnte, aber das Schlucken fiel doch sehr schwer. Also verdünnten sie das Getränk für Tiere mit etwas für Menschen geeigneteres in Form einiger Tropfen Whiskey. Das Mischungsverhältnis veränderte sich den Abend über laufend zu Ungunsten des Wassers. Nach vielen angefeuchteten Erinnerungen entschlossen sie sich, die Zeit bis zum nächsten Morgen liegend zu verbringen.