Ein sehr ungleiches Pärchen, so um die vierzig, steuert auf die Drehtür des Wellness Hotels zu. Sie, gutaussehend und schlank, steht mit ihrem Rollkoffer bereits in der Tür und dreht diese, als er erst seinen Koffer und dann sich mit Schwung hinter ihr ins nächste Abteil hineinschieben will. Leider ist er etwas zu langsam und der Raum zwischen den beiden Flügeln der Tür ist nicht so großzügig bemessen, dass beide gleichzeitig darin Platz hätten. Also schlägt ihm die hintere Begrenzung des Abteils ins Kreuz und so kommt der Vorgang des Zugangs zu einem plötzlichen Stopp. Der Schwung lässt sie deswegen gegen das vordere Teil ihres Abteils laufen.

„Ja, Zefixnumolnei!“ hört man den Fluch des Steckengebliebenen gedämpft auf der Innenseite der Eingangshalle. Alle Köpfe wenden sich ruckartig dem Geschehen zu. „Können denn die die Türen nicht so bauen, dass ein normaler Mensch durchkommt?“

„Von wegen, normaler Mensch!“ Verärgert schleudert sie ihm diese Worte entgegen und zupft ihren Hut wieder zurecht. „Du bist einfach zu dick! Schau, du passt ja noch nicht einmal mehr durch die Tür! Es wird Zeit, dass du was dagegen unternimmst.“

„Nix da, man kann mir ruhig ansehen, dass ich es mir leisten kann, gut zu essen. Aber, was willst du denn, ich bin doch mitgekommen.“, erwidert er, während er versucht, rückwärts aus der prekären Situation heraus zu kommen. Doch es gelingt ihm nicht, sein Koffer hat sich verkeilt. Der Hotelangestellte, der gerade damit beschäftigt ist, die Platten vor der Eingangstür zu kehren, eilt zu Hilfe. Er packt seinen Besen am unteren Teil des Stils und versucht durch die Beine des umfangreichen Gastes den Koffer etwas seitlich zu verschieben, damit die Drehtür wieder frei wird.

Ungeduldig wird er dabei vom Dicken angemacht. „Na, hammers bald mit dem Rumgefummel? So wird des nix! Moment, ich helf amol etwas mit.“ Da der Oberkörper durch den Türflügel fixiert ist, hebt er das abteilinnere Bein etwas an, um den Koffer freizugeben. In dem Augenblick gelingt es dem Angestellten, das Gepäckstück mit dem Stil am Griff zu packen und zur Seite zu bewegen. Das hat zur Folge, dass das Bein, das eben noch in der Luft hing, durch die Befreiung des Oberkörpers nach Bodenkontakt sucht. Auf dieser Suche tritt es mit voller Kraft gegen den Koffer. Der Mann stürzt mit Schwung ins Innere des Abteils und gibt dadurch der Drehtür einen nicht ganz unbedeutenden Impuls. Das veranlasst den Flügel, der ihn von seiner Frau trennt, diese nach vorne zu stoßen. Sie verliert das Gleichgewicht, das auch er verzweifelt sucht. Sie könnte nun durch den freigewordenen Zwischenraum die Drehtür verlassen, wenn da nicht der Koffer im Weg stünde. Also nimmt sie diesen erst einmal dazu her, um der Länge nach auf ihm zum Liegen zu kommen. Der Mann am Empfang hat nun folgendes Bild vor Augen: Eine dünne Frau liegt auf ihrem dicken Koffer im freien V des Türausschnittes, während der dicke Mann über seinem kleinen Koffer im geschlossenen Abteil hängt. Wobei man sagen muss, vom umgestürzten Koffer war eigentlich kaum mehr etwas zu sehen. Diese Szene veranlasst den Portier oberhalb des Tresens keine einzige Miene zu verziehen, allerdings muss er unterhalb desselben die Beine derart heftig zusammenpressen, um durch den Druck, der durch die Unterdrückung des Lachvorganges entstanden ist, nicht unkontrolliert Flüssigkeit in die Hose abzusondern.

Der Angestellte tritt nun durch die Bypasstür, um der Frau beim Aufstehen helfen zu können. Er hält nur noch die untere Hälfte des Besenstiels in der Hand, die andere Hälfe liegt, durch die Drehtür abgetrennt, im Abteil und ragt derart ungeschickt zwischen den Beinen des dort Liegenden in die Höhe. Bei der Unglücklichen angekommen reicht der Angestellte ihr die Hand. Sie nimmt diese Hilfe an und rückt mit der anderen Hand ihren schicken Sonnenhut wieder aus dem Gesicht an die dafür vorgesehene Stelle. Nun steht sie wieder, nickt dem Pagen mit einem dankbaren Lächeln zu, nimmt ihren Koffer am ausgezogenen Griff und verlässt die Drehtür. Als sie sich umsieht, nimmt sie erst das Mitleid erregende Bild war, das sich ihr und den anderen Gästen bietet. Ihr Mann liegt da, mit den Füssen an der einen Tür, mit dem Gesicht an der Glasscheibe der anderen. Sie nimmt den rechten Arm hoch, deutet mit dem Finger auf ihn und fängt laut an zu lachen. Einige der Umstehenden haben sich weggedreht, damit man ihre feixenden Gesichter nicht sieht.

Nun versucht der Eingekeilte, wieder auf die Beine zu kommen, was aber aussichtslos ist. Also tritt der herbeigeeilte Portier innerhalb des Hauses in die Drehtür, das Gleiche macht der Page draußen. Sie lehnen sich gegen die Türen und mit vereinten Kräften schieben sie den, auf seinem Koffer geparkten Mann ins Gebäude. Von den einengenden Wänden befreit, rollt der sich aus der Drehtür hinaus und kommt mühsam wieder auf die Beine. Seine Frau stellt seinen Koffer wieder auf und zieht ihn in die Halle hinein.

Der Portier dreht die nun wieder freie Tür weiter, dass der Page den anderen Teil seines Kehrbesens aufnehmen und er wieder an seinen Tresen zurückkehren kann. Langsam kommt das Paar heran und beide lehnen sich erst einmal schwer schnaufend gegen das Möbelstück, sie vor Lachen, er vor Anstrengung.

„So, nach diesem schwierigen, hmm, hmm, Zugang zum Hotel darf ich Sie, hmm, erstmal herzlich willkommen heißen.“ Immer noch muss der Mann hinter dem Tresen mit seinen Lachmuskeln kämpfen. „Sie haben ja das, hmhm, Wellnesswochenende gebucht.“ Er schaut den Mann an. „Für welches Programm haben Sie sich denn entschieden?“

Mürrisch gibt der zur Antwort: „Ich? Welches Programm? Glauben Sie vielleicht, Sie Welcomedesk-Direktor, ich lasse mir meine Figur hier geschäftsschädigend verändern. Dabei esse ich daheim ja kaum etwas, meine Frau kann Ihnen das bestätigen, gell Schatzi?“

„Ja, das kann ich!“ Dabei geht ihr Blick an die Zimmerdecke. „Ich bekäme auch nichts mehr runter, wenn ich ständig in der Wurstküche naschen tät.“

Der Portier schaut etwas verwirrt aus der gutsitzenden Wäsche.

„Da brauchen S´ gar nicht so verdattert zu gucken. Ich bin Metzgermeister. Mit langt es schon, dass ich bei Festivitäten den anderen Gästen immer glaubhaft versichern muss, dass meine Frau meine Wurst auch isst. Verstehen Sie das, Sie Zimmerschlüsselakrobat?“

„Sie dürfen meinem Mann nicht böse sein, wenn er Hunger hat, ist er immer etwas problematisch.“ Mit einem etwas schief gelegten Kopf und einem entschuldigenden Lächeln sieht sie zum Portier hinüber.

„Nein, das ist doch kein Problem.“ Gibt der Portier mit dem gleichen Lächeln zurück. „Wenn unsere Überwachungskamera DAS gefilmt hat, darf ihr Mann alles zu mir sagen. Nun aber Spaß beiseite. Welche Kur soll ich denn nun für Sie reservieren?“ Etwas unsicher kommt die Frage von jenseits des Tresens.

„Für mich? “ Das gestandene Mannsbild schüttelt ungläubig den Kopf. „SIE macht Wellness! Das sieht man doch! Ich bin nur wegen des guten Essens mitgefahren.“