Reise nach Ägypten

Anreise zum Flughafen Stuttgart

Man soll es nicht glauben, dass man in meinem Alter doch immer wieder was Neues erleben darf. Voller Vorfreude habe ich die Reise, die meine Frau in einem Prospekt des Anbieters Sonnenklar-TV gefunden hatte, gebucht. Es hörte sich nach einem guten Preis – Leistungsverhältnis an. Die Dezemberwoche für ab 499 und die Verlängerungswoche ab 349, all inclusive, da kann man doch nicht meckern, oder? Also meine Internetmaschine zu mir, Seite aufgerufen und gebucht, dachte ich. Doch aus dem gebucht wurde ein gesucht und nicht gefunden. Die Reise wurde vom Veranstalter BigXtra angeboten. Also dort gesucht und . . . . auch nicht gefunden. Also blieb nichts anderes übrig, als über Telefon zu versuchen, zu buchen. Und siehe da, beim zweiten Versuch hatte ich nach 10 Minuten in der Warteschleife ruckzuck jemanden auf der anderen Seite dran. Die erste Frage nach der Begrüßung lautete: „Dürfen wir das Gespräch zu Schulungszwecken aufzeichnen?“ Mir war das wurscht, wenn ich meine Reise bekam. Alle Daten wurden aufgenommen. Hinweise auf die Länge der erforderlichen Busreise von Sharm el Sheik bis Taba Heights blieben unerwähnt. Es wurde lediglich darauf hingewiesen, dass es ab Stuttgart ging, obwohl München ebenfalls im Angebot drunter stand. Und es hieß noch, dass ein Weihnachtszuschlag genommen würde. Das habe ich akzeptiert, da ich vermutete, dass an diesen Tagen und an Sylvester ein zusätzlicher erhöhter Aufwand betrieben werden sollte. Man nannte mir dann den Gesamtendpreis 2600 Euro, und da hätte ich evtl. stutzig werden sollen, denn aus den 848 pro Person wurden 1300, also musste für 450 schon erheblich Aufwand betrieben werden. Okay dachte ich mir, zu diesen bestimmten Zeiten muss eben teurer akzeptiert werden.

 

Am Abend, als ich meiner Frau die freudige Kunde überbracht hatte, ich hätte eine kleine Überraschung, bekam ich die Antwort: „Bist du verrückt? Die spinnen wohl, für den Aufpreis hätten wir in Südtirol zu zweit ein ganze Woche Urlaub machen können. Und dann noch von Stuttgart aus! Wir haben doch den Flughafen hier in München quasi vor der Tür. Sofort stornieren!“ Patsch, die hatte gesessen. Erst war ich beleidigt, wie immer, wenn ich was Gutes tun wollte und der Schuss nach hinten losgegangen ist. Dann kam die Einsicht und der sofortige Versuch, über Internet zu stornieren. Das ging aber laut AGB nicht ohne erhebliche Kosten. Mist.

Somit blieb uns nichts anderes übrig, als die Reise mit muffigem Gefühl anzutreten.

 

Der Tag der Abreise war da. Wir hatten unsere Koffer gepackt und wollten sie gerade schließen, als meine Frau meinte: „Schau doch nochmal schnell im Internet nach den Temperaturen, die uns dort erwarten!“ Gute Idee, dachte ich und machte mich sofort ans Werk, obwohl ich vor zwei Wochen schon mal gegoogelt hatte und Werte zwischen 24 und 28 Grad tagsüber und 16 bis 18 Grad nachts zu erwarten waren. Geht doch, habe ich mir damals gedacht, zwei Pullover zusätzlich und alles ist geritzt, genau wie vor zwei Jahren in Hurghada. Tagsüber am Pool, im beheizten Schwimmbad die 100 Bahnen ziehen und abends dann den Pullover überziehen, wenn man am Strand etwas spazieren gehen will. Aber dann der Schock: Tagsüber zwischen 18 bis 22 Grad und nachts Abkühlung auf 10 bis 12 Grad, an Sylvester evtl. Frost, und das am Roten Meer. Ich wollte es nicht glauben.

 

Nach erfolgter Horrormeldung sank die Laune auf der anderen Seite der Familie noch mehr. Dennoch wurde nochmal ausgepackt, neu sortiert und wieder eingepackt. Schnell noch alles schön aufgeräumt, damit die Nachbarin mit der Gießkanne meint, bei uns schaut es immer so toll aus, fast unbewohnt. Die Reisedaten für die Zugverbindung hatte ich bereits auf <die bahn> eruiert und notiert und meiner Frau zur Überwachung der Einhaltung übergeben. Nun rechtzeitig um 10:12 Uhr zur S1, dann am Hauptbahnhof innerhalb von zehn Minuten zum Gleis 22 und in den ICE nach Stuttgart einsteigen. Soweit der Plan, nun zur Realität: Abfahrt, fast wie geplant. S1 nur fünf Minuten zu spät. Ankunft am Hauptbahnhof, dann schnell zum Gleis 22, Anzeige angucken, erschrecken. Kein Zug in die gewünschte Richtung stand auf der Anzeige. Die zehn Umsteigeminuten wurden langsam knapp. Ausschau halten nach dunkelblau gekleideter Person mit roter Kopfbedeckung – nirgends eine zu sehen, wenn man mal eine braucht. Auch auf der großen Übersichtsanzeige war kein Zug innerhalb der nächsten anzeigbaren halben Stunde nach Stuttgart ausgewiesen. Das machte mich langsam unruhig. Also an den alten gelben Plan mit schwarzer Schrift, mit dem Finger zur zehnten Stunde und dann suchen, welcher Eintrag den Zielbahnhof enthielt. Es stellte sich heraus, dass der Zug dahin bereits seit fünfzehn Minuten auf der Strecke war. So ein Sche..ß. Die nächste Verbindung in einer dreiviertel Stunde. Typisch Bahn! Elektronische Auskunft stimmt mal wieder nicht mit der Wirklichkeit überein.

 

Nach der erzwungenen Wartezeit, die die Laune auf beiden Seiten der Familie nicht unbedingt gehoben hat, kam der Zug relativ pünktlich, da er ja in München in Richtung Dortmund auf die Gleise gestellt wurde. So, nun rein, sobald die Türen sich öffneten und einen geeigneten Platz besetzten, war ja noch alle Auswahl vorhanden. Nun kommt aber das elektronische Reservierungssystem der Bahn, das den vermeintlich sicheren Platz nur relativ sicher macht. Unsere beiden Sitze waren also ohne erkenntliche beleuchtete Angabe, aber kurz bevor der Zug abhob, mussten wir uns von unserem Platz erheben, denn zwei Personen erhoben Anspruch darauf. Und tatsächlich, wie von Zauberhand zeigten die LEDs am Kopfteil „München – Karlsruhe“ an. Gleichzeitig kam die krächzende Stimme des Zugchefs aus den Lautsprechern: „Sehr geehrte Gäste! Aufgrund einer technischen Störung wurde die Reservierung nicht vollständig an das Zugsystem weitergegeben. Bitte beachten Sie die geänderten Anzeigen. Wir bitten Sie, die dadurch entstandenen Unannehmlichkeiten zu entschuldigen!“ Wenn der wüsste, was ich gerade über die Bahn gedacht habe, hätte er vermutlich die Firma gewechselt oder mir beim Hose hochziehen geholfen. Also hochrumpeln und neu Plätze suchen, wenn überhaupt noch welche zu finden sein sollten. Zwei Wagen weiter wurde ich fündig, zwar nicht nebeneinander, sondern hintereinander. Und gerade noch rechtzeitig, denn es wanderten bereits viele andere Vertriebene durch den 443 Meter langen elektrisch angetriebenen Lindwurm der tappischen Bahn. Meine Frau war mit der Auswahl einverstanden, da wir uns die nächsten zwei Wochen sowieso jeden Tag den ganzen Tag sehen würden. So erreichten wir dreieinhalb Stunden später, immer noch leicht muffig, den anderen Hauptbahnhof, der sich als Riesenbaustelle zeigte und demnächst unter die Erde sollte. Hoffendli habbe di koin Lährbu von dem Bärlinä Fluchhafe oigschdelld.

 

Gemäß Fahrplan mussten wir nun vom letzten Wagen aus ins Untergeschoss, um die S-Bahn zu erreichen. Gottseidank lag die Zustiegstelle nur am anderen Ende des Bahnhofes und sie fahren ja halbstündlich zum Flughafen und es waren nur noch 28 Minuten bis zur nächsten Tram.

 

Bereits 53 Minuten später fuhren wir die Rolltreppe hoch in die Eingangshalle des Air Ports. Trotz heftiger Suche nach der Abflughalle und der zugehörigen Anzeigetafel sahen wir nur die Ankunftsanzeigen. Wir waren unterwegs in Richtung Terminal 2, aber nirgends ein Hinweis. In meiner Verzweiflung fragte ich einen kompetenten Flughafenmitarbeiter. Der deutete mit dem Finger in die Luft: „Du gehe oben!“ war der rettende Hinweis. Wir packten also unsere Koffer, nahmen die Rolltreppe und ließen uns nach oben befördern. Da war sie nun, die riesengroße Übersichtstafel der bis 21:30 gültigen Abflüge. Kurze Orientierungsphase, 18:35 Sharm el Sheik, gefunden, zufrieden. Noch vier Stunden bis zum Abflug. Alles paletti! Nur was bis dahin tun, ohne sich übertrieben zu langweilen. Man sah Würgerking, nein, das ist ja der volkstümliche Name, ich meinte natürlich Burgerking. Heute im Angebot: Burgerking spezial für 1,99. Also zweimal und eine Cola. Direkt am Fenster zur Rollbahn wurde gerade ein Tisch frei. Wir hätten ja gern den Nebentisch mit der besseren Aussicht genommen, der war aber vorher von einer Familie mit drei Kindern genutzt worden, die gerade das Weite suchte und sah dementsprechend aus. Die Hälfte der Speisen und ein Teil der klebrigen Trinkflüssigkeit war gleichmäßig zwischen den Tabletts über die Oberfläche verteilt. Auch um die Stuhlbeine herum lagen die Pommes, Gurken und Mayonnaisekleckse. Wir waren gerade mit dem ersten Gang fertig, als die junge Reinigungskraft kam, um eine gewisse Grundsauberkeit wiederherzustellen. Das erste, was sie machte, sie schüttelte den Kopf und sah Verständnis heischend zu uns herüber. Wir konnten ihre Gedanken nachvollziehen und hoben mit vollem Mund bedauernd die Schultern. Sie machte sich an die Arbeit und trug erst einmal die Tabletts weg, während ich den zweiten Gang holte: Burgerking spezial; denn von einem dieser Luft gefüllten Sesambrötchen wird ja ein normaler Erwachsener nicht satt. Das einzig Gute an solchen Brötchen ist, dass Blinde wenigsten etwas zum Lesen haben, bevor sie es essen. So, damit war das Überleben bis zum Flug sichergestellt; denn während des Fluges sollte es auch etwas zu essen geben, zumindest laut Internetangabe. Nach dem Wegstellen der Tabletts in den dafür vorgesehenen Containern ging es erst einmal auf die Besucherterrasse. Leider konnten wir den Ausblick nicht genießen, da wir zum einen die Koffer noch mit uns herumschleppten und zum anderen der Wind derart kalt war. Also verzogen wir uns wieder ins Gebäudeinnere, sprich ins Warme. Da die Gepäckaufgabe noch immer geschlossen war, schoben und zogen wir unsere Koffer eben durch die Geschäfte und die Gänge entlang. Dann endlich, gegen 16:30 Uhr konnten wir sie aufgeben. Es verlief alles soweit reibungslos.