Das Verkaufsgespräch

 

Von den Geburtsvorbereitungen eines befreundeten Ehepaares für ihr zweites Kind in den neunziger Jahren wurde folgendes Beschaffungsgespräch überliefert:

 

Verkäufer: Guten Tag, was kann ich denn für sie tun?

Mutter: Grüß Gott, wir werden bald zum zweiten Mal Eltern, wie man sieht. Bei unserem ersten Kind haben wir uns verrückt gemacht.

Vater: Ja, vor allem du! Bei jedem Muckser bist du gleich losgestürmt. Ach, der Kleine hat was! Er wird doch nicht krank sein. Dabei hatte er noch nicht einmal volle Windeln.

M: Ja, dich hat es ja überhaupt nicht gekümmert, wenn er geschrien hat. Du warst ja nie für ihn da!

V: So ein Kind muss auch mal schreien dürfen. Das gibt starke Lungen.

M: Du immer mit dem blöden Geschwätz deiner Mutter. Das ist doch alles überholt. Geborgenheit braucht so ein kleines Wesen.

V: Das ist ja in Ordnung, aber man darf es auch nicht übertreiben.

M: Was heißt hier, übertreiben? Bis du mal deinen Hintern hochbekommen hättest, wäre der Kleine schon im Kindergarten gewesen.

V: Und du wärst am liebsten die ganze Nacht neben seinem Bett gesessen. Auch heute noch räumst du ihm alles aus dem Weg. Nichts kann er alleine erfahren.

Vk: Und Sie sind sicher, dass Sie das kleine Wesen wirklich wollen?

M: Ja, was erlauben Sie sich denn? Selbstverständlich, es ist ja schließlich ein Kind der Liebe.

V: Naja, eher ein Kind der Versöhnung nach einer kleinen Meinungsverschiedenheit.

M: Ja, wir haben damals diskutiert, ob wir gleich noch eins wollen, oder ob wir noch warten sollten.

V: Nun, die Diskussion hatte sich wohl in der anschließenden Nacht von allein erledigt.

Vk: Ähem, ja, sehr schön, aber wie kann ich kann Ihnen nun behilflich sein?

V: Wir haben uns überlegt, dass es für uns vermutlich wesentlich ruhiger wird, wenn wir mitbekommen könnten, was im Kinderzimmer gerade geschieht.

M: Ja, genau und vor allem, ohne dass wir gleich hineinmüssen.

V: Dass DU gleich ins Zimmer musst, das wollen wir doch mal festhalten! Also eine Fernüberwachung quasi.

Vk: Hm, ja, da hätte ich einiges anzubieten. Soll es etwas aufwändiger sein, so mit Bildübertragung, oder reicht die Überwachung der Geräuschkulisse aus?

V: Und was wäre da der preisliche Unterschied?

M: Nein, nein, das kommt ja gar nicht in Frage! Ohne Kamera! Sonst suche ich dann jeden Abend nach dem Gerät bei einer deiner Basteleien. Nur Geräuschüberwachung reicht völlig aus. Da bleibt das Gerät wenigstens im Kinderzimmer, wo es hingehört.

Vk: Aha, ein Babyphon also. Da hätten wir mehrere Möglichkeiten im Sortiment.

V: Zeigen Sie uns einfach die billigste Variante!

M: Moment! Jetzt bloß, weil keine Kamera dran ist, soll das billigste gut genug sein? Ich bin der festen Überzeugung, es hätte mindestens eine Farbkamera sein müssen.

V: Ja, wenn schon, denn schon.

M: Nix da, das Gerät wird ja mehrere Jahre und im Urlaub gebraucht. Also soll es schon etwas Gescheides sein.

Vk: Nun gut, dann weiß ich schon etwas bescheider. Was wird es denn, wenn ich fragen darf?

M: Das wollen wir nicht wissen.

V: Ein Kind. Hauptsache es ist gesund.

Vk: Ja, das ist ja nett.

V: Aber was hat das mit dem Gerät zu tun?

Vk: Nun ja. So wegen der farblichen Gestaltung und so. Wenn Sie sich also nicht auf rosa oder blau festlegen wollen, hätten wir einige neutrale Varianten im Angebot.

V: Wie, festlegen wollen? Hört sich denn das Geschrei eines Mädchens aus einem pinken Gerät schöner an als aus einem neutralen?

M: Ach, Herr Verkäufer, hören Sie nicht auf ihn, der hat ja keine Ahnung davon. Haben Sie etwas, was eventuell so alles ein bisschen berücksichtigt?

Vk: Ja, wie wäre es denn hiermit, da können Sie überhaupt nichts falsch machen. Ein sehr schönes Gerät, das alle Ihre Vorstellungen vereint: Farbe, Preis und Gemüt: Ein Babyphon mit weißem Body und einem sehr schönen kindlichen Aufdruck, einem blau-rosa Hubschrauber.