Sattelkupplung, vernachlässigt

Wer hat im öffentlichen Straßenverkehr nicht schon einmal so eine Sattelkupplung gesehen? Vermutlich haben Sie sich, genau wie hunderttausende anderer Kraftfahrer nichts dabei gedacht. Es gehört halt so. Aber von diesem Aberglauben möchte ich Sie hier und heute befreien. Das schwarze Gebilde um den oberen Rand der Kupplung war mal ordinäres Schmierfett, das während der Fahrt automatisch durch eine bordeigene Dosiermaschinerie ergänzt wird. Es soll die Reibung zwischen den Kupplungsplatten der Zugmaschine und des Anhängers minimieren, damit der Verschleiß gering bleibt und Korrosion verhindert wird. Das Schmierfett ist natürlich den Umwelteinflüssen ausgesetzt, d.h. es bindet den Straßenschmutz, der nicht nur bei schlechtem Wetter aufgewirbelt wird. Überschüssiges Fett wird also bei Lenkbewegungen an der Kante abgestreift und sollte, so die Meinung des Herstellers in seinem Handbuch für die Pflege, nach jedem Absatteln mit geeigneten Werkzeugen (Spachtel, Lappen) abgenommen und fachgerecht entsorgt werden. Fällt es jedoch während der Fahrt auf die Straße, läuft das unter Umweltverschmutzung und ist auch noch gefährlich, vor allem für motorisierte Zweiradfahrer und zwar PS unabhängig.

Der Rostklopferbande beim TÜV, also den Männern in der Grube, habe ich versucht, das Thema näher zu bringen. Das ist aber gründlich misslungen, da sie sich gemäß ihrer Ausbildung nicht zuständig fühlten. Dies sei kein Prüfungspunkt im Katalog zur StVZO § 29, Richtlinie für die HU und SP.

Diesen Sachverhalt habe ich der Dienstaufsichtsbehörde für die Prüforganisationen gemeldet, mit dem Hinweis, dass nach StVO ein Benetzen der Straße mit umweltschädlichen Mitteln verboten und dies präventiv beim Prüfen zu beachten sei. Als Antwort bekam ich die folgende Gefährdungsanalyse zurück:

 

"Die aufgeführte Gefährdung ist weder nach unseren Erfahrungen so, noch ist diese HU-/SP relevant. In der Anlage VIII a StVZO wird nur auf die Verbindungseinrichtung selber abgestellt. Auch der Bereich Umweltbelastung stellt nur auf den umweltschädlichen Verlust von Stoffen aus den Bereichen "Motor/ Antrieb / Lenkanlage/ Tank/ Kraftstoffanlage/ Bremsanlage/ Klimaanlage/ Batterie" ab. Solche übermäßig große Patzen an Fett würden sich zudem beim Ankuppeln bereits ablösen. Daher ist es schwer nachvollziehbar, und stellt wohl extreme Einzelfälle dar, wenn das Schmierfett, das für die geringe Reibung auf der Sattelkupplungsoberfläche genutzt wird, sich so weit ansammelt, dass große Patzen entstehen."

 

Soweit die Amtsmeinung, die mit der Geschäftsführung der Prüforganisation abgestimmt wurde. Ich werde nie vergessen, wie ein fränkischer Prüfer während meines Praktikums zum aaS zu einem Sattelzug-Fahrer sagte: "Du alte Drecksau, konnst den Dreeg net wech machn, wenns D zu mir kummst. Schau das D en Labbn derwischt un die Sauerei abbutzt." Das trifft die Sache eigentlich im Kern, wenn auch etwas robust formuliert. Denn was man im Amt nicht ahnt und bei den Prüfern scheinbar nicht bekannt ist, dass ein Teil des herabgefallenen Fettes sich meist im Rahmen noch einige Zeit aufhält und die Reise des Fahrzeuges mitmacht.

Dort, wo der Anhänger mit seinem Zapfen einfährt, um dann drehbar mit dem Zugfahrzeug verbunden zu werden, schaut es etwa so aus. Die teilweise Handteller großen Patzen fallen entweder nach hinten herunter während der Fahrt oder verschwinden nach vorn in den Tunnel.

Das sieht dann so aus im Tunnel, obwohl die Kupplung oberflächlich mal gereinigt wurde. Der Tunnel wurde wieder einmal vergessen. Die Patzen verbinden sich durch die Vibrationen und durch  das Hin- und Herrollen während der Fahrt zu Kugeln und Würsten. Ist der Kanal dann voll, werden sie nach dem Zufallsprinzip auf die Straße abgegeben. Hier liegen geschätzte 2 kg verbrauchtes Fett. Das reicht mindestens für 5 Mopedfahrer.

Von der Seite aus gesehen, ist scheinbar das Gedränge der Patzen noch größer. Eine Nahaufnahme zeigt das Ausmaß viel deutlicher.

 

Aber zerlegen wir erst einmal die Aussagen der Fachleute, nachdem wir hinter die Kulissen des täglichen Geschäftes auf der Straße geguckt haben.

Es zählt also nicht als Umweltbelastung, wenn so eine oder mehrere Kugeln den Lkw verlassen, um die Straße zu benetzen. Auch wenn diese nicht auf der Straße liegen bleiben, um Zweiradfahrer zu gefährden, so landen sie im Gras neben der Straße und warten darauf, durch Regen und Schnee, in Zusammenarbeit mit Wärme, sich zu verflüssigen und im Erdreich zu verschwinden.

Nur die oben aufgezählten Mittel sind als umweltschädlich einzustufen. "Einspruch, Euer Ehren!" kann ich da nur sagen. Es handelt sich beim Schmierfett um ein, in der Zusammensetzung ähnliches Mittel aus Erdöl, wie die anderen Schmier- und Bremsstoffe. Gefährlichkeit für die Umwelt also identisch.

Die Aussage mit dem Abfallen beim Kuppeln hat mir besonders gut gefallen. Sie zeigt, dass hier einige Theoretiker zusammen gesessen haben, um krampfhaft meine Argumentation zu entkräften. Der Schuss ging aber, wie man so schön sagt, in die eigene Hose. Wenn nämlich so ein Fettpatzen beim Ankuppeln abfällt, was ist dann vom Fahrer zu tun? Jawohl, wenigstens der geneigte Leser weiß, dass sofort die betriebliche Fachkraft für Arbeitsschutz hinter dem Fahrer steht und ihn zwingt, die Sauerei zu entfernen, bevor jemand darauf ausrutscht.

Die Wahrscheinlichkeit der Ansammlung zu großer Patzen habe ich hoffentlich durch meine Bilder zur Genüge bestätigt. Selbst wenn der Anschluss der Dosierpumpe defekt ist und die Unterlage geschmiert wird, anstatt die Gleitfläche, interessiert das scheinbar niemand. Dieses Fahrzeug wurde von mir an jenem Tage erst wieder zur Prüfung genutzt, als diese etwa 400 Gramm schwere Fettansammlung unter der Kupplung entfernt war.

 

Nebenstehendes Bild wurde mir freundlicher Weise durch die Vermittlung meines Sohnes von einem DEKRA-Prüfer  zur Verfügung gestellt.

 

 

Fazit: Das Gespür für die Umwelt ist bei den zitierten Damen und Herren offensichtlich entwicklungsbedürftig. Man soll einfach einem erwachsenen, wenn auch  ehemaligen Sachverständigen und Betriebsschutzingenieur erst widersprechen, wenn die Argumentation wasserdicht ist. Das hört sich jetzt überheblich an, das sieht aber nur von unten so aus, wie mein ehemaliger Chef immer zu sagen pflegte. Sollten Sie, lieber Leser, mich in einem Punkt widerlegen können, bitte tun Sie es. Ich bin auch in meinem hohen Alter noch lernfähig.

 

Aber es geht noch schlimmer! Siehe "Fette Sauerei".