Anhänger Klasse BE bis 3,5 t

Die Ausbildung in der Technik am Anhänger ist zwar ein vorgeschriebenes Thema beim Erwerb der Klasse BE, wird aber leider häufig vernachlässigt. Das zeigt sich an den im Verkehr befindlichen Fahrzeugen und kann mit bloßem Auge und ohne großes technisches Verständnis leicht erkannt werden. Im Wesentlichen sind es drei sicherheitsrelevante Aspekte, die hier zu beleuchten sind. Ich werde den vom Hersteller vorgeschriebenen Originalzustand vorstellen und dann einige Abweichungen, die durch das Versagen der gewünschten Funktion die Unfallfolgen verschlimmern könnten.

 

Beginnen wir den Kurzkurs in Anhängertechnik ganz vorne, nämlich an der Anhängekupplung. Sie dient der sicheren Verbindung mit der Kugel am Zugfahrzeug. Um zu erkennen, ob die Verbindung noch als sicher gewertet werden kann, sind von außen erkennbare Überprüfungsmöglichkeiten vom Hersteller vorgegeben, die sogenannten Sitz- und Verschleißmaße.

Auf dem Bild sind über dem Verschleißanzeiger drei Felder zu erkennen:

Bereich X: Kupplung offen

Bereich +: Kupplung geschlossen, Verschleiß o.k.

Bereich -: Kupplung geschlossen, aber Verschleiß zu groß, Kupplung ist zu erneuern.

Die Kennzeichnung ist durch einen Aufkleber nahezu dauerhaft angebracht.

 

Diese Kennzeichnung kann auch direkt ins Blech eingestanzt sein. So erkennt man sofort beim Ankuppeln, wo sich der darunter befindliche Verschleißanzeiger befinden muss, nämlich im grünen oder Plus Bereich.

 

Wie würden Sie mit dem neu angeeigneten Wissen die nebenstehende Kupplung beurteilen? Jawohl, genau richtig, man kann die Verschleißmaße nicht erkennen, da der Aufkleber im Laufe der Zeit verloren wurde. Aber im Vergleich zu oben, kann ohne großes Wissen vermutet werden, dass ein neuer Aufkleber den Verschleiß vermutlich nicht verringern wird. Die Kupplung wäre auf alle Fälle zu tauschen.

 

Oben habe ich das Sitzmaß angesprochen. Dies soll dem Fahrer zeigen, ob die Kupplung auch richtig auf der Kugel sitzt. Dazu drückt sich ein roter Anzeiger beim Aufsetzen der Kupplung auf die Kugel nach oben heraus und zeigt darunter einen grünen Ring.

Nebenstehende Kupplung zeigt zwar den grünen Ring über der Kugel, aber an der Verschleißmarkierung am Hebel ist kein Grün mehr zu erkennen. Also ist ein Austausch der Kupplung unvermeidbar.

 

Lästig ist die Anzeige des korrekten Ankuppelns nur, wenn sich gar keine Kugel des Zugfahrzeugs darunter befindet und der Kontrollstift trotzdem schon rausschaut. Hier stimmt also etwas nicht. Obwoohl, der Anhänger war im gleichen Monat bei der HU.?!

Wie Sie sehen, gibt es mehrere Möglichkeiten, um die angebrachte Kupplung leicht auf ihre weitere sichere Verwendbarkeit zu überprüfen. Man muss sie nur erkennen.

 

Der zweite wichtige Sicherheitsfaktor ist das Abreissseil. Es soll bei einem Abriss des Anhängers, also wenn sich Zugfahrzeug und Anhänger während der Fahrt unvorschriftsmäßig trennen, garantieren, dass die Bremse betätigt wird. Dadurch soll der Anhänger möglichst schnell zum Stehen kommen, um die Unfallfolgen so gering wie möglich zu halten. Dazu ist zu gewährleisten, dass der Bremshebel in Betätigungsrichtung nach vorne gezogen wird, auch in einer Kurve. Das Abrissseil ist deshalb so am Anhänger zu führen, dass dies garantiert wird. Der Hersteller hat deshalb eine Führungsmöglichkeit vorgesehen, die aber nicht immer genutzt wird. Diese Führung ist zwar vom Gesetzgeber nicht zwingend vorgeschrieben, aber Stand der Technik. Und ist die Führung vorgegeben, ist sie auch zu nutzen.

Nebenstehend ist es deutlich zu erkennen, dass das Seil vorschriftsmäßig durch die dafür vorgesehene Öse geführt wird, wie vom Hersteller in der Betriebsanleitung für den Anhänger vorgegeben wurde. Die sichere Befestigung ist hier durch ein U-Formstück gewährleistet, das mittels eines Stiftes am Bremshebel befestigt ist. Die Ummantelung ist unversehrt und der Sicherungshaken ist geschlossen und nicht verbogen.

 

Was hier bei diesem Beispiel nicht der Fall ist. Dies ist ein erheblicher Mangel und müsste beim nächsten Vorführen beim TÜV beanstandet werden. Oder der Fahrer müsste beim Durchlesen der Betriebsanleitung völlig überrascht feststellen, dass er die Verlegung korrigieren muss, bevor der Prüfer es übersieht. Hoffentlich wird die Funktion bis dahin nicht gebraucht. Das Fahrzeug ist so nicht betriebssicher.

Aber nicht nur die Verlegung des Abreissseiles ist für eine einwandfreie Funktion wichtig, sondern, als dritter Sicherheitsfaktor, auch sein Zustand. Es muss ja eine sichere Betätigung der Bremse gewährleisten und soll danach eine gewollte Trennung von Zugfahrzeug und Anhänger durch eine Sollbruchstelle ermöglichen. Schauen wir uns das Ganze einmal näher an.

Vielleicht wird es deutlicher, wenn Sie die folgenden Bilder ansehen.

Im vorderen Bereich, dort wo das Seil am Zugfahrzeug befestigt wird, ist die Schutzummantelung zerstört und in der Vergrößerung ist zu erkennen, dass das Seil durch den Bruch mehrerer Drähte geschwächt ist. Das ist aber nicht die Sollbruchstelle.

Schauen wir uns deshalb auch einmal das andere Ende des Seiles an, denn das bisher Gesehene lässt nichts Gutes erwarten.

 

Und so ist es auch. Das bereits gerissene Seil wurde einfach durch die Bohrung am Bremshebel gesteckt und mit einer Klemme geschlossen. Auch das zählt nicht als Sollbruchstelle. Denn es ist abzusehen, dass das Seil durch die scharfe Kante der Bohrung in Kürze durchgescheuert sein wird. Also sollte ein neues Seil umgehend eingesetzt werden.

Ja, Sie sehen richtig, in das Abreisseil ist eine Feder eingebaut. Ich habe sie kurz einmal auseinander gezogen, um die Federrate zu ermitteln. Um sie etwa einen Zentimeter zu dehnen, habe ich geschätzte 1,8 kg benötigt. Die Ausrede des Fahrers wird hier wörtlich wieder gegeben: <Das ist eine Art Ruckdämpfer, damit die Bremsbeläge nicht so abrupt angelegt werden und die Bremse geschont wird.> Etwas Blöderes habe ich seit langem nicht mehr gehört. Hier geht es um die Sicherheit und nicht um die Schonung der Bauteile. Denen ist es sowieso wurscht, wie sie angelegt werden, Hauptsache, sie versehen ihre Aufgabe korrekt. Das ist hier aber nicht möglich, da die Bremse bei einem Abriss des Anhängers gar nicht in Bremsstellung kommt, da die Enden der Federn bei einem kurzen Ruck aufbiegen und das Seil aus seiner Funktion entlassen. Denn merke: Die Betätigungskraft beträgt am Griff für den Bediener etwa 10 - 20 kg und durch die Hebelübersetzung unten am Abreisseil ca. das 4 - 5fache und das ist für die Feder zu viel. Die vorliegende Konstruktion hat aber nach dem Aussehen schon ein bis zwei HU hinter sich.

So, das wäre in Kürze das Wichtigste, das sowohl ein Fahrschüler, aber auch ein erfahrener Fahrer wissen muss, um den Anhänger sicher durch den Straßenverkehr zu ziehen.

 

Noch ein letzter Hinweis, der den Geldbeutel betreffen kann. Stellt die Versicherung nach einem Unfall durch einen Gutachter fest, dass die Folgen des Unfalls durch ein intaktes Abreissseil gemindert worden wären, kann es einen Teil der Deckung des Schadens verweigern. Sie kann behaupten, das Fahrzeug hätte sich nicht in dem Zustand befunden, für den der Hersteller die Betriebserlaubnis erteilt bekommen hat und kann somit grobe Fahrlässigkeit unterstellen.